Am 8. Februar 2022 kam Lost Ark auf Steam und damit in den Westen, zumindest für die Vorbesteller. Am 11. Februar durften dann alle mitmachen. Aber wo steht das MMORPG genau 2 Jahre später? Unser Lost-Ark-Experte Mark Sellner ist seit dem Start dabei und schaut sich das für euch einmal genau an.
Wie war der Start? Lost Ark hat in Europa einen phänomenalen Start hingelegt, der selbst die Entwickler vom Hocker gehauen hat. Der ehemalige Game Director Gold River sagte in einem Interview auf der LOA Winter 2021, dass er sich freuen würde, wenn es zum Release 200.000 gleichzeitige Spieler im Westen geben würde.
Dieses Ziel wurde leicht übertroffen, denn Lost Ark startete mit 1,3 Millionen gleichzeitigen Spielern am 11. Februar 2022 auf Steam völlig durch. Bis heute hält es damit den 4. höchsten All-Time-Peak auf Steam und konnte seit seinem Release nur von Palworld überholt werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Bottig mit Aussicht auf Spielerschwund
- 2 Lost Ark geht es gleichzeitig schlimmer und besser, als es aussieht
- 3 Der wilde und toxische Westen
- 4 Das Problem von Lost Ark ist seine Community
- 5 Mühseliger Fortschritt und ein Publisher, der sich taub stellt
- 6 Effektive Änderungen fehlen seit über einem Jahr
- 7 Lost Ark geht es gut, es muss sich aber weiter anstrengen
- 8 Fazit
Bottig mit Aussicht auf Spielerschwund
War alles gut? Trotz der gewaltigen Anzahl an Spielern waren nicht alle glücklich mit Lost Ark. Schnell zeichneten sich die ersten Probleme ab und die Steam-Bewertungen sanken. Von Anfangs 99 % positiv auf mittlerweile 71 % positiv.
Grund dafür waren teils heftige Warteschlangen und ein ganzer Haufen Bots. Die geballte Menge an Bots war so groß, dass die tatsächlichen Spielerzahlen bald schwierig nachzuverfolgen waren. Zudem wuchs Kritik an dem Shop, Amazon hätte hier Pay2Win abgeliefert.
Als die Spielerzahlen im April 2022 nach einer großen Bot-Bannwelle auf 572.000 und im September 2022 nach einer weiteren schließlich auf 232.000 fielen, war Lost Ark in den Köpfern vieler bereits „tot“. Aber stimmt das?
Im März 2023 haben wir zuletzt im Podcast ausführlich über Lost Ark gesprochen:
Wie sehen die Zahlen heute aus? Die immer weiter fallenden Zahlen erreichten ihren Tiefpunkt im Juli 2023 mit gerade einmal 41.897 gleichzeitigen Fans im Peak. In etwas unter 1,5 Jahren ist der Höchstwert g also um genau 96,8 % gefallen. Ein vernichtendes Urteil, wie viele finden.
Aktuell, im Februar 2024, liegt der Peak gleichzeitiger Arkesianer bei 74.463, also zwar etwas besser als noch vor einem Jahr, aber weit entfernt von der Startzeit. Warum das nicht schlimm ist und es Lost Ark vermutlich sogar besser geht als jemals zuvor, erkläre ich euch im Folgenden.
Doch auch hier ist nicht alles Gold was glänzt. Lost Ark hat seine Probleme, die es angehen muss, wenn es langfristig überleben möchte. Nach 2 Jahren im MMORPG und über 3.700 Spielstunden, bilde ich mir ein, auch diese sehr genau zu kennen. Auf beides wollen wir also zu sprechen kommen.
Lost Ark geht es gleichzeitig schlimmer und besser, als es aussieht
Warum sieht es gut aus? Trotz der fallenden Spielerzahlen scheinen die Fans von Lost Ark weiterhin sehr viel Umsatz zu generieren. In der Jahresstatistik 2023 von Steam selbst taucht Lost Ark in den Top 10 der Bestverdiener auf.
Was wir übrigens auch in einer unserer letzten Podcast-Folgen durchsprechen:
In einem Jahr, mit Starfield, Hogwarts Legacy, Baldur’s Gate 3 und mehr hat es ein älteres, tot geglaubtes MMORPG geschafft, finanziell mitzuhalten. Auch in der Anzahl gespielter Stunden hat es das Game in die Top 10 geschafft.
Das verdankt man in erster Linie Amazon, denn der Publisher wird, wie ich finde, von vielen Fans zu Unrecht kritisiert. In der westlichen Version von Lost Ark fehlen viele der elementaren Pay2Win-Elemente, die es in Korea bis heute gibt.
Dort habt ihr etwa gleich 2 optionale Abo-System, die bei uns in der kristallinen Aura zusammengefasst sind. Euer Pet-Buff gibt euch dort nicht einfach 10 % eines gewünschten Attributs, sondern muss für echtes Geld gerollt werden. Nur zwei von vielen mechanischen Kniffen zum Geldausgeben, die wir im Westen nie zu Gesicht bekamen.
Wenn ihr euch das im Detail ansehen wollt, zeigt der YouTuber Memorizer einige dieser Kniffe genauer:
Der wilde und toxische Westen
Wie helfen die Events? Außerdem läuft in Lost Ark ungefähr alle 3 Monate ein starkes Comeback-Event. Diese gibt es zwar auch in Korea, wurden von Amazon in unserer Version jedoch noch weiter verstärkt. So schafft es Lost Ark, trotz des harten Grinds im Endgame, nahezu jederzeit einen guten Einstiegspunkt für Neulinge zu bieten, der es ihnen ermöglicht, schnell aufzuschließen.
Dazu tragen auch die monatlichen Inhaltsupdates bei, die seit Release noch nie ausgesetzt wurden. Eines von ihnen brachte auch den „Noob-Schutz“ Procyons Protection, der es ebenfalls nicht in die anderen Versionen von Lost Ark geschafft hat.
Er beschützt Spieler mit niedrigen und neuen Accounts vor dem sicheren Tod in Raids, gibt euch mehr Schaden und mehr Verteidigung für eure ersten Clears und soll dafür sorgen, den Abstand zu erfahrenen Spielern geringer zu halten. Warum der Westen diese Änderung bekam, erkläre ich in einem Artikel auf MeinMMO ausführlicher – kurz gesagt, wir sind zu schlecht und vor allem zu fies.
Das Problem von Lost Ark ist seine Community
Warum hilft das alles nicht? Lost Ark hat ein Problem mit seinem Endgame, das es bereits erkannt, aber noch nicht behoben hat. In erster Linie ist das die schiere Masse an Content, die man als aktiver Spieler jede Woche abschließen sollte.
Mit einem vollen Gold-Roster handelt es sich hierbei um 18 Raids, die es wöchentlich zu bewältigen gilt. Keiner von ihnen ist unbedingt leichter. Das kreiert eine, gerade für neue Spieler, schnell toxische Spielumgebung.
Die Raids, die Neulinge eigentlich spielen müssten, um die Mechaniken zu lernen, sind praktisch ausgestorbener Content. Hier wurden stetig Belohnungen gestrichen, um Inflation zu bekämpfen. Veteranen haben keinerlei Grund, um ältere Raids zu laufen und somit neuen Fans zu helfen.
Selbst ein enorm schneller Run durch den aktuellen Voldis-Raid dauert 45 Minuten. Und das gilt es 18 Mal die Woche zu clearen.
Gleichzeitig sind die aktuellen Raids aber auch zu schwer, um Neulinge mitzunehmen, denen grundlegendes, mechanisches Verständnis fehlt. Die kleinen Spieler können nicht lernen, weil sie niemand mitnimmt. Die großen Spieler haben aufgrund der Masse an Content keine Zeit, einen „schnellen Clear“ durch einen Neuling in Gefahr zu bringen. Ein Teufelskreis, an dem bisher sämtliche Maßnahmen der Entwickler scheiterten.
Wenn die Stärke zur Schwäche wird: Dabei weiß der Publisher und die Entwickler, dass die große Stärke von Lost Ark in seinen Raids liegt. Aktuell verschwendet es jedoch so viele Ressourcen dazu, neue Spieler möglichst schnell in diese Inhalte zu katapultieren, dass schlichtweg zu viel Grundwissen über das Spiel auf der Strecke bleibt.
Entwickler Smilegate stellte auf der LOA Winter 2023 zwar einige Ansätze vor, wie man gedenkt, dieses Problem anzugehen, doch diese sind noch Monate weit entfernt. Monate, die Lost Ark vielleicht nicht hat, denn es kommen nicht nur wenig neue Spieler nach, auch die vorhandenen wandern in Scharen ab.
Mühseliger Fortschritt und ein Publisher, der sich taub stellt
Was macht Amazon falsch? Wie jetzt, oben lobt er Amazon und jetzt tritt er doch darauf ein? Ja, schon, aber ich kann das erklären! Denn unser Publisher Amazon trifft oft die richtigen Entscheidungen und tut deutlich mehr für unsere Version, als viele sehen. Doch sie sind gleichzeitig auch schuld daran, dass viele ihre Bemühungen eben nicht sehen.
Denn die Kommunikation mit ihrer Spielerschaft hat stark nachgelassen. Während das um den Release herum noch sehr gut war, war das Abschalten des offiziellen Forums ein Tritt in die Magengrube. Seitdem gibt es kaum noch Patch-Notes, auf Fragen der Spieler wird nicht oder kaum eingegangen und eine 3-monatliche Spielerumfrage ist, mehr oder weniger, aktuell der einzige Weg, mit dem Publisher zu interagieren.
Das macht schlicht kein gutes Bild. 4-stündige Serverdowns, die dann noch verlängert werden müssen, ohne eine einzige kommunizierte Änderung, um nur ein Beispiel zu nennen, nervt auch viele Veteranen. Und das zurecht, wie ich finde.
Effektive Änderungen fehlen seit über einem Jahr
Was sind diese Pheons? Ein weiterer Punkt, den der Publisher meiner Meinung nach angehen müsste, sind die lästigen Pheons. In meinen bald 4.000 Spielstunden habe ich noch nie das Glück gehabt, einen anderen Spieler zu treffen, der sich nicht darüber beschwert. Auch in den oben erwähnten Umfragen landen Pheons seit bald 1,5 Jahren immer wieder in der Top-Liste der gewünschten Änderungen.
Bereits in einem Interview mit dem Lost-Ark-Experten Sywo im August 2022 prangert er an, dass an den Pheons gearbeitet werden müsse. Seither ist kaum etwas passiert.
Pheons sind im Spiel, um die Inflation zu regeln. Sie fungieren als eine Art Steuer, die ihr bezahlen müsst, wenn ihr verschiedene Gegenstände mit anderen Spielern handelt. Leider auch auf solche, bei denen viel dem Zufall überlassen ist. Das macht den Grind nach dem „Best in Slot“ durch „Steuern auf Zufall“ unnötig teuer und frustrierend.
Wie das genau funktioniert, erklärt Zeal im Video:
Lost Ark geht es gut, es muss sich aber weiter anstrengen
Was heißt das jetzt alles? Nach 2 Jahren steht Lost Ark alles in allem immer noch besser da, als es die meisten wohl für möglich gehalten haben. Durch die kürzliche Schließung der japanischen Server ging zwar etwas Panik durch die westliche Community, doch die ist meines Erachtens aktuell noch vollkommen unbegründet.
Jedoch darf sich Amazon darauf nicht ausruhen. Denn auch wenn das MMORPG derzeit super dasteht, ist es langfristig auf dem absteigenden Ast. Man kann seine Veteranen in wichtigen Punkten nicht zu lange ignorieren oder „vertreiben“, wenn man gleichzeitig ein Problem damit hat, neue Spieler zu binden.
Egal, wie viel die verbleibenden Fans ausgeben, irgendwann geht dem MMORPG auf diese Weise die Spieler und das Geld aus. Klar, wir sprechen hier von Jahren und dieser Artikel soll bitte nicht als „omg Lost Ark muss bald schließen“-Panikmache verstanden werden, das ist nicht der Fall.
Fazit
Wo bleibt das aber? Allerdings ist das MMO aus meiner Sicht momentan in einer schwierigen Situation. Auch in meinem persönlichen Umfeld bekomme ich mit, dass viele Leute nach tausenden Spielstunden aufhören, oder bereits nach unter 100 Stunden wieder abwandern. Tatsächlich haben in meiner Steam-Freundesliste 48 Kontakte Lost Ark gespielt. Davon haben fast alle unter 100 oder über 1.000 Stunden, dazwischen liegen lediglich 2.
Amazon und Smilegate müssen sich darauf konzentrieren, neue Spieler effektiver zu binden und besser abzuholen, als sie einfach nur ins Endgame zu katapultieren. Gleichzeitig muss dafür gesorgt werden, dass das Endgame weniger belastend und zeitfressend ist, wobei an dieser Front tatsächlich schon viel passiert.
Ich gehe davon aus, dass auch die beiden wissen, was in dem Spiel passieren muss. Es wird halt nur nicht kommuniziert (verzeiht den Seitenhieb). Persönlich habe ich nach rund 3.700 Stunden in Arkesia immer noch richtig viel Spaß. Vermutlich habe ich das nach den nächsten 3.700 Stunden immer noch.
Auch wenn mich ein paar Dinge nerven, ist Lost Ark für mich eines der besten MMORPGs auf dem Markt und wird es, so schätze ich, noch lange bleiben. Ob ich damit recht behalte, finden wir dann nächstes Jahr heraus.
Was ist mit euch? Spielt ihr noch Lost Ark? Habt ihr mal wieder Lust drauf? Wieso habt ihr aufgehört? Schreibt es uns gerne in die Kommentare. Und wenn ihr wissen möchtet, was in den nächsten Monaten in Arkesia passiert, haben wir da eine Podcast-Folge für euch!